Es gibt höchst belastbare Belege dafür, dass Melatonin Krebserkrankungen in den Phasen der Entstehung, Progression und Metastasierung abschwächt. In vielen Fällen wurden molekulare Mechanismen, die diesen hemmenden Wirkungen zugrunde liegen, postuliert. Überraschend ist jedoch die große Anzahl von Prozessen, über die Melatonin angeblich die Entwicklung und das Wachstum von Krebs hemmt.
Diese diversen Wirkungen legen nahe, dass es sich bei den beobachteten Vorgängen lediglich um Epiphänomene einer zugrunde liegenden, grundlegenderen Wirkung von Melatonin handelt, die noch auf ihre Entdeckung wartet. Einige der krebshemmenden Effekte von Melatonin sind eindeutig membranrezeptorvermittelt, während andere membranrezeptorunabhängig sind und direkte intrazelluläre Wirkungen dieses ubiquitären Moleküls umfassen. Während der Schwerpunkt der Forschung zu Melatonin und Krebs bislang auf der Rolle des Indolamins bei der Limitierung von Mammakarzinomen lag, ändert sich dies gerade mit zunehmender Geschwindigkeit, da sich zahlreiche Krebsarten als empfänglich für eine Hemmung durch Melatonin erwiesen haben. Es gibt mehrere Facetten dieser Forschung, die unmittelbar in klinische Anwendungen münden könnten. Viele Studien zeigen, dass die zusätzliche Verabreichung von Melatonin die Empfänglichkeit von Krebs für herkömmliche krebshemmende Wirkstoffe verbessert.
Noch wichtiger ist jedoch die Erkenntnis, dass Melatonin sogar Krebsarten, die zuvor vollkommen behandlungsresistent waren, für diese Therapien empfänglich macht. Melatonin hemmt darüber hinaus molekulare Prozesse, die mit der Metastasierung zusammenhängen, indem es das Eindringen von Krebszellen in das Gefäßsystem begrenzt und diese daran hindert, Sekundärgeschwulste an anderen Stellen zu bilden. Dies ist von besonderer Bedeutung, da Metastasen häufig eine signifikante Rolle bei tödlichen Ausgängen spielen. Ein weiterer Bereich, der zusätzliche Berücksichtigung verdient, hat mit der Fähigkeit von Melatonin zu tun, die toxischen Folgen von Krebsmedikamenten zu reduzieren und gleichzeitig ihre Wirksamkeit zu erhöhen. Obwohl diese Informationen seit mehr als einem Jahrzehnt verfügbar sind, wurden sie im klinischen Setting bislang nur unzureichend umgesetzt.
Selbst wenn die einzige positive Wirkung von Melatonin bei Krebspatienten in seiner Fähigkeit läge, die akute und langfristige Arzneimitteltoxizität zu mindern, sollte Melatonin zur Verbesserung des körperlichen Wohlbefindens der Patienten angewendet werden. Die experimentellen Ergebnisse lassen jedoch darauf schließen, dass die Vorteile einer Anwendung von Melatonin als Begleitbehandlung zu herkömmlichen Krebstherapien weit über die Verbesserung des Wohlbefindens der Patienten hinausgehen.